Der Pazifik am Strand von Venice Beach funkelt fast wie eine Diskokugel. Vor mir ein buntes Getümmel: Einheimische, die einen Feierabendspaziergang machen, Touristen, die ihre Kameras zücken, Skater, die darauf warten, als nächstes in die Rampe zu springen, Surfer, den Neoprenanzug halb ausgezogen und Surfbrett unterm Arm. Hallo Los Angeles.

Doch von vorne: Der Tag beginnt in St. Luis Obispo, etwa 200 Meilen von Los Angeles entfernt. Heute zieht es mich genau dahin, heute startet die letzte Etappe meiner Reise entlang der Küsten Kaliforniens. Die ersten dutzend Meilen führen mich in bergigere Gefilde, hier erahne ich die Weite des Landes. In gezogenen Serpentinen geht es erst hoch und dann kurvig bergab – man braucht einen starken Magen, damit die Übelkeit in den scharfen Kurven nicht bedrohlich wird. Doch es lohnt sich: Der Blick über die teils braunen, teils grünen Berge vom obersten Punkt entschädigt.

Halbzeit: Santa Barbara 

Der Weg nach L.A. führt unweigerlich durch Santa Barbara, etwa auf halber Strecke erreicht man die Stadt. Und sofort sehe ich den Kontrast: Während in San Francisco die Straßen dreckig waren und die Luft schwer vom Nebel und dem Staub des vergangenen Sommers, ist hier alles sauber und ordentlich. Eine Spur exklusiver vielleicht – dabei aber charmant und sympathisch.

Vielleicht macht aber auch das Wetter den Unterschied. Mittlerweile sind die Temperaturen angenehm warm, fast heiß. Längst sind Pulli und Schal wieder tief im Koffer verschwunden. Es reihen sich hippe Cafés an alteingesessene Kioske, eine Mall und verschiedene Boutiquen wollen besucht werden. Auch hier gibt es Obdachlose. Einer sitzt entspannt auf einer gepflegten Parkbank, vor ihm ein Schild mit einer Botschaft: Für einen Dollar wählt er bei der kommenden Wahl gegen Trump.

Doch läuft man ein paar Straßen weiter, versucht man Santa Barbara auch ein wenig abseits der Hauptstraßen zu entdecken, sieht man schnell wieder den oft beschriebenen Kontrast. Auch hier ist es ein wenig staubig, nicht alle Autos sind glänzend und neu und kleine Häuschen mit Treppe und Veranda haben wilde, chaotische und wunderschöne Vorgärten. Und manchmal, da fällt ein großes, trockenes Palmenblatt mit einem Knall auf ein darunter parkendes Auto. Ich hab’s gesehen.

Campen am Meer, leere Volleyballnetze

Zurück im Auto führt die Straße wieder entlang der Küsten und Strände. Immer häufiger sehe ich jetzt Wohnwagen, die direkt am Meer parken – und vor ihnen sitzen braun gebrannte Urlauber auf Sonnenstühlen, das Gesicht gen Pazifik. Jetzt geht es schnell: In Malibu mache ich einen kurzen Halt, nett, aber weiter geht’s. Dann – endlich – liegt Los Angeles direkt vor mir.

Und ich sauge sogleich alles auf: das Riesenrad am Pier von Santa Monica, die vielen und unzähligen Beachvolleyballnetze direkt am Strand, die Sonne die bald untergehen wird.

Ein kleiner Tipp, ein ernstgemeinter: Steht Venice Beach auf deiner Reiseliste, plane deinen ersten Besuch in den frühen Abendstunden, etwa zwei Stunden vor Sonnenuntergang. Denn das Licht in dieser Zeit ist einmalig: weich und warm, irgendwie fluffig und dabei bleibt die Szenerie dennoch scharf, voller Konturen und Kontraste.

Für Skater muss Venice Beach ein Paradies sein. Hier zeigen jung und alt, Anfänger und Profi ihr Können. Schaulustige und Touristen, aber auch Locals stehen neben dem Venice Skate Plaza und bewundern das Geschick der Skater und Skaterinnen.

Ich könnte hier ewig zuschauen. Was ich mag: dass alle applaudieren, wenn einer einen guten Trick schafft, dass es irgendwie wie eine Gemeinschaft scheint, dass die Stimmung so angenehm leicht ist.

Ästhetik funktioniert

Venice selbst ist eine Schönheit. Streetart neben Läden ganz fern der großen Ketten, eine Auswahl an vielen tollen Restaurants, innovative Concept Stores und – natürlich – Smoothie-Läden. Diese Kombination finde ich beispielsweise am nächsten Tag auf dem Abbot Kinney Boulevard.

Die Straße bietet nicht nur ein Shopping-Erlebnis, sondern auch ein kulturelles – man merkt dem Stadtteil seine Künstlerszene und den Sinn für Ästhetik an. Die Läden sind liebevoll und stylisch gestaltet, an den Häusern finden sich Kunstwerke, die so aussehen, als gehörten sie genau dahin. Das finde ich spannend: Hier hat wohl jeder Künstler ein Gespür dafür, die Schönheit des Ortes mit noch mehr Schönem zu ergänzen.

Sei es durch Streetart oder die vielen Galerien, die Künstlern verschiedenster Richtungen Aufmerksamkeit schenken. Auch merkt man hier den entspannten Charme der Stadt: Ich warte an der Ampel auf grünes Licht, vor mir ein Fahrradfahrer mit Surfbrett unter dem Arm auf dem Weg zum Strand.

In diesem Moment freue mich wieder: Diesmal über die vielen Facetten dieser Stadt, über die Erlebnisse der letzten Tage, die ganzen neuen Eindrücke, die zuerst verdaut, dann genossen werden wollen. Heute Abend geht mein Flieger zurück.

Nachdem ich im Hotelzimmer schnell die letzten Sachen im Koffer verstaut habe und vom Balkon aus noch einmal den Blick auf den Hafen genieße, denke ich an das beste Eis in San Francisco, an meinen Spaziergang durch die Muir Woods, Restless Sea, Pfeiffers Beach, Big Sur und vor allem: Santa Cruz. Dazu kommt frisch: Venice Beach. USA, es war schön mit dir. Pass gut auf dich auf.

Mit freundlicher Unterstützung von Air Berlin und Visit California.

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Stella Pfeifer

Studiert und arbeitet in Kassel, doch am liebsten fährt sie durch fremde Landschaften oder mit der Belgrader Straßenbahn. Und schreibt darüber. Immer mit dabei: Ein Notizbuch und ein kleiner Beutel voller Fotofilme, denn ihre Reisen fotografiert sie ausschließlich analog. Was sie noch mag? Gespräche. Mehr dazu auf: fünfpluszwei.de.

  1. Toll! Mit Bildern, die ‚Summer in Cali‘ gerade zu draufgestempelt haben. Und deine Schreibe mag ich sowieso <3
    Santa Barbara hat mir gut gefallen, vor allem der Carpinteria Beach dort in der Nähe. In Los Angeles haben wir damals eher gemieden, aber jetzt hätte ich Lust drauf!
    Liebe Grüße!

    1. Stella Pfeifer says:

      Oh lieben Dank liebe Conny! Los Angeles habe ich leider nicht super ausgiebig unter die Lupe genommen, aber Venice Beach war unfassbar schön!

  2. Wirklich sehr schön geschrieben! Und die Fotos sind auch toll :-)

    Ich hab 2013 auch einen Roadtrip durch Cali gemacht und damals auch in St. Louis Obispo genächtigt.

    Der Trip war wunderschön und du hast ihn mir gerade wieder für ein paar Momente zurück gebracht. Danke <3

    Liebe Grüße
    Laura

  3. Peter says:

    Hi Stella, das hast du wirklich super geschrieben und deine Fotos sind echt klasse. Da bekommt man richtig Lust selber die Koffer zu packen ;-). Aber so ein Roadtrip muss halt auch immer gut geplant sein und kostet natürlich auch ne Kleinigkeit. Ich hoffe aber, dass ich in Zukunft auch noch mal den ein oder anderen Trip mit dem Pkw machen kann ;-) Wir haben so einen alten VW Passat und der ist schon ein wenig in die Jahre gekommen.

  4. Kerstin says:

    Vielen Dank für die Bilder von den paradiesischen Ecken Kaliforniens. Ist für mich verbunden mit dem Finale von Mad Men. I´d like to buy the world a coke.

  5. Birgit says:

    Richtig tolle Fotos! Ich war noch nicht an der Westküste, aber nach deinem Artikel habe ich nicht üble Lust, gleich meinen Koffer zu packen :-)

  6. Dein Reise Fan says:

    Hab deinen Beitrag/deine Reise jetzt gerade durch Zufall entdeckt und wohl auch etwas spät, aber trotzdem komme ich nicht drumherum zu sagen, dass deine Bilder MEGA sind! Gerade dass mit dem weißen „verrosteten“ Auto…das wirkt so surrial :). Echt klasse!

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