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Erste Schritte auf amerikanischem Boden

Immer wenn ich an dieses Land dachte, kam mir das sehr weit weg vor. Nicht nur aus Gründen der Distanz – generell war dieser Ort für mich kaum greifbar und auch ein wenig mystisch: Wie der Spielort eines Romans, den ich vor langer Zeit einmal gelesen habe und der mich seither nicht mehr verlässt. Jetzt, wo meine Füße 9000 Kilometer fernab meiner Wohnung das erste Mal den fremden Boden berühren, kann ich meine Aufregung kaum verbergen. Also begrüße ich das Land wie einen neuen Freund: Hey USA, nice to meet you.

In den kommenden Tagen begebe ich mich auf Entdeckungstour durch Kalifornien. Von San Francisco nach Los Angeles, vorbei an beeindruckenden Felskluften und wildem Meer, hohen Bergen und brachem Land. Durch Städte, kleine und große,  und verschlafene Küstenstreifen fernab des Trubels.

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Die Momentaufnahme

Wie sich ein amerikanischer Jet Lag anfühlt, erfahre ich in San Francisco. Hier startet meine Reise, hier verbringe ich meine ersten amerikanischen Stunden. Die ersten Eindrücke sind vielseitig und komplex: Alles ist so wie ich es mir vorstellte und dann doch komplett anders. Einzelne Nuancen meiner Idee von diesem Land verschieben sich stetig ganz leicht in die andere Richtung. Manches habe ich erwartet (die Feuerleitern an hohen, rauen Backsteinhäusern und die für uns leicht übertrieben wirkende Freundlichkeit des Personals) und manches nicht (die langen Schlangen vor Frühstück-Restaurants und die dünnen Wände der Häuser).

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Eine unerwartete Begleitung

Mitten in der Stadt und weit darüber hinaus hat sich ein Nebel ausgebreitet, der mich nicht unangenehm, sondern eher geheimnisvoll willkommen heißt. Er wird mich auch die nächsten Tage begleiten. Schlimmer als der Nebel, an den sich die Bewohner der Stadt längst gewöhnt haben, ist der Regen. Undurchlässig und in langen dicken Bindfäden fällt er auf die grauen Straßen.

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Die berühmte Golden Gate Bridge ist unter diesen Wetterbedingungen eher ein Gerücht: Würde ich nicht wissen, dass es sie gibt, wäre ich durchaus bereit, ihre Existenz in Frage zu stellen. Denn auch von einem Aussichtspunkt, der die beste Sicht auf das Wahrzeichen der Stadt verspricht, ist sie kaum zu sehen. Ich erkenne nur Nebel und von Zeit zu Zeit einen kleinen roten Fetzen Metall, wenn der Wind den Nebel lichtet. Am nächsten Tag werde ich mich eines Besseren überzeugen können. Doch zuvor habe ich noch Pläne: Es geht in den Wald.

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Into the woods

Nicht weit von San Francisco entfernt lädt der Nationalpark Muir Woods zu einem Abenteuer. Hier spürt man, welche Wurzeln das Land ihr eigen nennt und was für Bäume von diesem Boden aus in den Himmel ragen. Keine kleinen, dünnastigen Bäumchen. Die Bewohner der Muir Woods sind kräftig, stark, majestätisch und weise. Ob es der Nebel ist oder der Nieselregen, die Stimmung hier ist angenehm leise und ruhig, ein eindeutiger Kontrast zu den Straßen San Franciscos.

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Ein Tag in San Francisco

Ein anderer Tag, ein neuer Versuch: Das Wetter hat sich gebessert und ich bin bereit, mich durch diese Stadt zu wühlen. Nach einem klassisch amerikanischen Frühstück (French Toast im Tratto) geht es zuerst nach Sausalito. Hier zeigt sich mir die Golden Gate jetzt viel schöner, wenn auch noch leicht mit Nebel untersetzt. Die kleine Ortschaft gegenüber von Downtown San Francisco hat nicht nur einen unfassbaren Blick auf die Bridge, sondern auch auf die Skyline zu bieten.

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Fisherman’s Wharf

Wenn man genau hinhört, kann man an bestimmten Ecken der Stadt, zum Beispiel im nördlichen Teil, noch andere Geräusche hören als das Hupen der Autos oder fluchende und lachende Menschen. Nämlich Seelöwen. Davon gibt es viele, zumindest am Pier39.

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Früher als Anlegestelle für Boote gedacht, ist der Fisherman’s Wharf nun eher eine Art Jahrmarkt, inklusive vieler kleiner Hauptartisten, die sich gerne zur Belustigung ins Wasser schmeißen oder jaulen. Hier esse ich meinen ersten amerikanischen Hotdog, höre eine Weile den Seelöwen zu und schlendere dann den Pier entlang, bevor es weitergeht: Hayes Valley.

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Die kleinen Straßen

Zwischen Alamo Square und Civic Center liegt Hayes Valley. Hier reihen sich kleine Boutiquen an schöne Buchläden, eine italienische Pizzeria gegenüber einer französischen Boulangerie. Und dann, auf der Octavia Street, gehe ich in ein zuerst unscheinbares Café. Bei Artís schmeckt nicht nur der Kaffee, man ist sogar live dabei, wenn die Kaffeebohnen geröstet werden. Weswegen es hier auch unfassbar gut duftet. Gleich neben dem Café ist ein Pop-Up-Store mit Produkten hiesiger Designer und Künstler und ich bin mir sicher: In Hayes Valley finden sich noch so manche tolle Überraschungen. Meine ganz persönliche ist kalt und cremig. Denn das beste Eis in San Francisco, und ich lehne mich hier jetzt ziemlich weit aus dem Fenster, gibt es bei Smitten Ice Cream. Es ist ein Erlebnis, eine Attraktion und ein Genuss.

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Die nächste Etappe

San Francisco, unsere Begegnung war viel zu kurz. Aber ich hoffe auf ein Wiedersehen und dann nehme ich mir Zeit für dich. Ich werde ausgeschlafen sein und ohne Termine, werde dich zu Fuß entdecken und kennenlernen. Aber jetzt muss ich weiterziehen.

Am nächsten morgen werde ich mich in das Auto setzen und losfahren. Wohin mich die Straßen Kaliforniens führen werden? Ich weiß noch nicht genau, was mich erwartet und wo ich landen werde. Ich begebe mich auf unbekanntes Terrain. Nächster Stop: San José, die Küste und dann mal sehen. Ich könnte gespannter nicht sein.

CategoriesSan Francisco
Stella Pfeifer

Studiert und arbeitet in Kassel, doch am liebsten fährt sie durch fremde Landschaften oder mit der Belgrader Straßenbahn. Und schreibt darüber. Immer mit dabei: Ein Notizbuch und ein kleiner Beutel voller Fotofilme, denn ihre Reisen fotografiert sie ausschließlich analog. Was sie noch mag? Gespräche. Mehr dazu auf: fünfpluszwei.de.

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