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„Da wo wir nicht wohnen wollen“

Katutura Township Namibia

Es gibt ein paar Dinge, die wußte ich über Namibia nicht.
Alles begann mit dem Linksverkehr. Linksverkehr in einer ehemals deutschen Kolonie? Jap, und zwar weil Namibia nach dem Ersten Weltkrieg unter südafrikanisches Mandat gestellt worden ist. Das im Übrigen bis 1990 dauerte. Erst mit der Unabhängigkeit erhielt Namibia seinen heutigen Namen. Vorher hieß es schlichtweg Südwestafrika.
Und da die Südafrikaner wiederum ja mal britische Kolonie waren, fährt man heute in Namibia auf der falschen Seite.
Und deswegen stand Namibia auch unter dem Apartheidsregime, dass auch in Südafrika die diskriminierende Rassentrennungspolitik über lange Zeit durchsetzte.
Die schwarze und farbige Bevölkerung wurde in Homelands (natürlich in völlig unfruchtbare Landstriche) und Townships (neu erbaute Siedlungen meist weit außerhalb der Stadt gelegen) separiert.

Windhoek-Friedhöfe
Links ein ehemals schwarzer Friedhof. Rechts für Weiße.

Katutura ist so ein Township bei Windhoek, dass in den 50er Jahren errichtet wurde. Die schwarze Bevölkerung Windhoeks wurde dorthin zwangsumgesiedelt. Ort an dem wir nicht leben wollen, heißt Katutura frei übersetzt.
Dabei ist Katutura heute wohl mit Abstand der interessanteste und lebendigste Stadtteil von Windhoek.
Das Zentrum der Hauptstadt selbst wirkte auf mich vor allem steril. Die Architektur zweckmäßig, ein paar deplatziert wirkende Kolonialbauten und das neue Nationalmuseum – von Nordkorea finanziert und ich tippe mal auch auf inspiriert, lockern das ganze zwar auf, aber Charme kommt keiner auf. Ich hab einfach nicht das Gefühl in Afrika zu sein.

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Neues Nationalmuseum in Windhoek.

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Menschen auf den Straßen sind Mangelware, man fährt mit seinem meist überdimensioniertem Auto direkt auf den Parkplatz, erledigt seine Einkäufe, steigt zurück ins Auto und so fort. Es fehlt an erkennbarem Straßenleben.

Katutura dagegen ist voll, hier wohnt gefühlt ein Großteil des ganzen Landes; und es wächst. Am Rande des Vorortes dehnt sich eine riesige Wellblechhüttenmasse über die Hügel aus.

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Von oben glitzern sie wie Diamanten. Pure Ironie.
Es gibt Straßenverkäufer, eine Reihe an Bars, kleine Gemüse- und Obststände an Kreuzungen, einen großen Markt, mit lecker gegrilltem Fleisch und Kinder die am Straßenrand im Staub spielen. Dieses Jahr hat es so gut wie gar nicht geregnet in Namibia. Es ist trocken.

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Und während wir aus Windhoek herausfahren und die gelben Strohbüschel am Straßenrand eine immer größere Ebene füllen, werden wir uns nicht darüber einig, ob das gelb normal ist, oder ob diese Büschel sonst etwa im saftigen Grün stehen.

Namibia Roadtrip-1080012

Danke an Gondwana Collection für die Unterstützung in Namibia.

CategoriesAllgemein
Marianna

Marianna ist Hamburgerin mit griechischen Wurzeln, studierte in Berlin Literatur-, Kultur- und Rechtswissenschaften und arbeitete in Indien, Griechenland und München. Sie lebt in Berlin, ist als Autorin, Webdesignerin und Fotografin tätig und ist süchtig nach frischem Koriander.

  1. Kathrin Plikat via Facebook says:

    Danke, danke, danke, danke….. Du stillst meine Sehnsucht ein wenig, vor allem mit den Fotos – du hast einfach den richtigen Blick :-) Und schön, dass du auch die andere Seite Namibias zeigst. Ich freue mich schon auf die Folge-Berichte. Hab noch eine lekker Zeit :-*

    1. Brigitte van der Merve says:

      Was soll denn an den Fotos ausdrucksstark sein?
      Einfache Knipserei❗️
      Natururans ist nicht Namibia,da habe ich aber andere und bessere gemacht.
      Aber nun ja,vielleicht habt ihr nichts gesehen.
      Schade

  2. Carina says:

    Ein sehr lesenswerter Beitrag mit interessanten Hintergrundinformationen! Wie lange ward Ihr in Namibia? Und Ihr ward sicherlich mit einer Tour unterwegs, oder?
    Liebe Grüße!

    1. Marianna says:

      Merci! Einen Monat waren wir da. In Namibia waren wir nicht mit einer Tour unterwegs. Die ganze Zeit selbstfahrend. In Katutura hatten wir das Glück, dass wir von zwei deutschstämmigen Einheimischen begleitet wurden. Aber auch keine Tour.

  3. Christina says:

    Toller Bericht!
    Lustigerweise zieht es mich immer mal an Orte, die nicht immer so beliebt sind. Leider ist es sich nicht ausgegangen aber ich hätte mir im Sommer gerne mal das Baltikum angesehen. Und warum? Weil ich so gut wie gar nichts von diesem Land weiß. Ich kenn nicht mal Leute, die da waren. Ist doch spannend, oder? :D

    Liebe Grüße
    Christina

    1. Marianna says:

      Genau so gehe ich auch gerne vor. Stimm dir völlig zu! Baltikum war ich auch noch nicht. Würde ich schon gerne hin, aber ich hab Angst, dass es mir da zu kalt ist ;)

  4. Krissi says:

    Hallo, ja es sieht so aus, als wenn ich wirklich nicht dort wohnen möchte, aber eine Reise dorthin……auf jeden Fall! Vielen Dank für den Bericht und die eindrucksvollen Fotos.
    Gruß Kris

      1. Brigitte van der Merve says:

        Ich wohne jetzt in Namibia.
        Wir ,Mann und 3 Töchter habe eine Farm in der Nähe (90km) von Swakopmund gekauft.
        4 Gästezimmer
        Wer will kann ja mal vorbei schauen.

  5. Pingback:Fishriver Canyon: Drei Tage Mule Trekking - Namibia Reiseberichte

  6. Daniela says:

    Hallo Marianna,

    sehr interessanter Artikel. Wie sind Dir die Menschen in Katutura begegnet? Gabe es von irgend einer Seite her Berührungsängste? Hast Du auch das Projekt Penduka besucht?

    Ach – und um noch eine kleine Lanze für Windhoek zu brechen – das Namibia Craft Centre hat schon ein klein wenig Flair :-).

    Viele Grüße

    Daniela

    1. Marianna says:

      Liebe Daniela,

      die Menschen waren alle sehr nett. Berührungsängste hatte ich von keiner Seite bemerkt.
      Das Projekt Penduka hab ich nicht besucht, was genau ist das?

      Beim nächsten Mal schau ich ins Craft Center, danke für den Tipp!

    1. Marianna says:

      Hast du es mal gegoogelt? Ich kann mir vorstellen, dass es da bestimmt ein paar Anbieter gibt. Ansonsten mal über Couchsurfing schauen, da gibt es ja meist auch viele Leute, die einem gerne ihre Stadt zeigen.

      P.S. Sorry für die arg späte Antwort.

  7. Sebastian says:

    Hallo Marianna,

    erstmal danke für deinen Artikel und dass du die „andere“ Seite von Windhoek bzw. Namibia gezeigt hast. Normalerweise wird ja alles für die Touristen durch Agenturen immer aufgehübscht. Was mir jedoch gar nicht gut gefällt ist die durchaus einseitige Perspektive, die du auf Katutura hast. Dieser Stadtteil ist – wie du weißt – riesig und beherbergt ca. 50000 Einwohner, was um einiges mehr ist als die anderen Stadtteile und weißt daher eine ungeheuer große Vielfalt an Wohnkulturen und auch unterschiedlichen sozialen Schichten auf. Das heißt, dass eine große Fläche von Katutura nicht nur mit Wellblechhütten bebaut wurde, sondern vielmehr mit kleinen, aber steinernen Häusern oder auch Häusern „europäischer“ Größe :D (ich spreche über die Gegend im weiten Kreis um den Soweto Market). Eine Wellblechsiedlung, wie sie beispielsweise auf dem Foto zu sehen ist, ist oft illegal und kein offizieller Teil Katuturas oder Windhoeks (die Existenz dieser Siedlungen kann aber nicht abgestritten werden). Es gibt außerdem recht gut befahrbare Hauptstraßen, viele Supermärkte und andere Geschäfte der „westlichen“ Welt, sodass man Katutura nicht gerade als „unterentwickelt“ wahrnehmen kann. Obwohl ich mich nicht gerne im Stadtzentrum aufgehalten habe , muss gesagt werden, dass dort doch auch reger Betrieb herrscht und genauso von People of Color wie Weißen bevölkert wird. Du schreibst, dass du dich dort nicht wie in Afrika gefühlt hast…was auch diskutabel ist, da Afrika bzw. das Subsahara Afrika ja nicht eine homogene Zone ist und vor Allem keine Zone, die sich nicht bedeutend weiterentwickelt hätte. Der Kontrast von modernen Gebäuden und alten (und kolonialen) Bauten ist Normalität in einigen afrikanischen Ländern… siehe Kapstadt in Südafrika, eine unfassbar moderne und schöne Stadt, angesichts derer die meisten deutschen Städte wie Drecklöcher aussehen, die aber dann wiederum durch die großen ärmlichen Viertel kontrastiert wird. Worauf ich hinauswill ist, dass du dich fragst, wie Afrika denn aussehen sollte, damit man sich wie in Afrika fühlt? Klar weckt der Reichtum in der Innenstadt widerstreitende Gefühle, aber es ist nunmal das Zentrum einer Hauptstadt…

    Es wäre schön gewesen, wenn du für den Artikel noch andere Bilder und Ausschnitte von Windhoek oder Katutura gezeigt hättest, als die Stereotypen Wellblechhütten…Katutura ist extrem divers und das sollte in Berichten deutlich werden. Die Leute, die das hier lesen, werden vielleicht nur ein weiteres, verzerrtes Bild von „Afrika“ im Kopf haben, was unbedingt vermieden werden sollte.

    Ich habe selber eine längere Zeit in Katutura gelebt und gearbeitet und werde bald wieder dorthin zurückkehren :)…es wird mittlerweile von Einwohnern auch „Matutura“ genannt, also „der Ort in dem ich Leben will“! Das Viertel verändert sich ständig und du hast vollkommen recht, es ist wahnsinnig lebendig und interessant ! Ich empfehle jedem, dort einmal einen Teil seines Urlaubs in Namibia zu verbringen :)

    Viele Grüße,

    Sebastian

    1. Marianna says:

      Hallo Sebastian,

      tausend Dank für deine Ausführung. Super interessant.

      Ja, ich hab nur einen Ausschnitt gezeigt, den Ausschnitt der mir am meisten zu denken gab. Ich möchte allgemein im meinem Blog nicht den Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Es sind immer kleine subjektive Ausschnitte meiner Meinung, meines Sehens, meiner Gedanken, die ich hier vorstelle und gerne zur Diskussion stelle. Das geschieht bewusst und absichtlich. Der Blog ist kein Reiseführer, Magazin oder gar eine Art Zeitung, der „journalistische Objektivität“ zur Grundlage hat.
      Daher bedanke ich mich herzlichst für deinen Kommentar als Erweiterung meines Artikels.

      VG
      Marianna

  8. Sabina says:

    Katutura ist wirklich ein sehr lebendiger Ort. Ich war schon des Öfteren dort und habe immer wieder neue Seiten kennengelernt.
    Sehr interessanter Artikel und sehr starke Fotos. Danke

  9. Stefan Jung says:

    Komplett nutzloser Beitrag, der wieder mit dem erhobenen Zeigefinger des arroganten Westeuropäers meint irgend etwas sagen zu müssen. Musst mal ein paar Jahre da leben und Dich mit dem Land und den Leuten auseinandersetzen. Bitte nicht mehr davon.

  10. Kern-Rother, Helga says:

    Hi, ich bin Helga – und durfte vom 15.-26.01.2019 NAMIBIA per Rundreise kennenlernen. Bei uns gab es den FFM Flughafen Streik, Hinreise mit 12 Std. Verspätung. Dieses Jahr die Rückholung – der Freund reiste statt 18.03. erst 25./26.03. zurück nach D. Von ihm habe ich deinen Bericht. Danke! Wir lernten Windhoek nur kurz kennen. Der Rückflug stand an. Die krassen gesellschaftlichen Gegensätze blieben mir nicht verborgen! Erfreulich die grüne Etosha – einigen Regenpfützen konnten wir dank der Jeep Fahrer Fahrkünste gut ausweichen. Wir durften uns hier und an den Hotspots an Vielem erfreuen. Soussusvlai und Namib – selbst dort stundenlang allein unterwegs – beeindruckten mich am meisten.

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