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Der erste Akt: Die Strände, die Berge, das Land

Ein Spätsommer, ein Auto und ein Land: Portugal. In den drei Wochen schließe ich eine enge Freundschaft mit portugiesischem Asphalt, mit dem Sand der Strände, mit dem Wind der Küsten, mit den Leuchtreklamen der Städte. Ein Road-Trip, gefilmt und geschrieben in zwei Akten: Vorhang auf für den Ersten.

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Fußball schauen in Faro

Bei Ankunft geht in Faro rosarot die Sonne unter, die Straßenlampen beginnen ihre Schicht. Faro ist die Zuflucht bis zum wirklichen Start: Nur für eine Nacht, nur, bis es wirklich losgeht. Wir haben Hunger, wir sind auf der Jagd. Am Largo do Povo, Hausnummer 16, lauern wir auf unsere Beute: Ein unscheinbares Haus mit Holztür – Restaurant? Kneipe? Wir wagen uns hinein. In der Churrasqueria sitzen ausschließlich einheimische Männer, Frauen und Kinder bei Bier, Wein und Fanta zusammen, dahinten drehen sich, gut sichtbar, aufgespießte Hähnchen im Ofen um sich selbst. Es läuft ein Fußballspiel: Portugal gegen Albanien. Wir setzen uns dazu, bestellen Hähnchen mit Pommes, Salat und kalten Wein – Oliven gibt es gratis – und schauen uns das Spiel an. Das entscheidende Tor fällt für Portugal: Die Gäste feiern. Und wir sind endlich voll und ganz in Portugal angekommen.

Auto

Die staubigen Straßen der Algarve

Der Wagen schnurrt wie eine Katze. Die Katze führt uns gen Westen. Heute Abend wollen wir irgendwo zwischen Luz und Lagos sein und bis dahin mindestens einmal unsere Füße ins Wasser tunken, irgendwo Halt machen, irgendwo auf das Meer schauen, die Konturen der Küste kennenlernen. Geplant? Haben wir nur die Übernachtung. Hinter Albufeira parken wir unseren Wagen, der sich für diesen Road-Trip schon jetzt so bezahlt macht, und klettern hinunter zum warmen Sand, laufen ins Meer, spüren das kühle Nass. Ein warmer Staub legt sich währenddessen auf unser Auto. Er wird anschließend auf den Straßen vom Fahrtwind sanft weggeweht.

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Oktopus essen in Lagos

Roadtrippin’ macht hungrig. Nach 20 Uhr füllen sich die Straßen in Lagos: Viele Touristen, Restaurant neben Hutladen neben Restaurant. Und eine Tapas-Bar namens Xpreitaqui. Hier esse ich Oktopus, Bruschetta, Portobello-Pilze, trinke tollen Wein und  schwärme noch Wochen später davon.

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Irgendwo zwischen Sao Teotonio und Odemira: Frischer Fisch und Wein, direkt am Ozean serviert.

Sterne zählen im Niemandsland

Im Scheinwerferlicht unseres Autos gelangen wir spät am Abend zu unserem Zuhause für die nächsten Tage. Im Niemandsland zwischen Luz und Lagos, inmitten weiter Felder und nur vereinzelter Häuser empfängt uns Karolina auf der Quinta do Catalão, dem Farmprojekt von ihrem Mann Max und ihr. Sie leben hier mit ihren Kindern, Pferden, Hunden und Hühnern abseits der Stadt und dies so energieeffizient und autark wie möglich. Sofort bemerken wir die Ruhe: Keine Autos, kein Lärm, lediglich der Wind summt von Zeit zu Zeit an uns vorbei. Ich öffne die verglasten Flügeltüren unseres kleinen Häuschens und sehe in die dunkle, nur vom Mond erhellte Landschaft hinaus. Weit und breit kein Haus, kein Mensch, nur Hinterland, die Nacht und unzählig viele weiße, strahlende Punkte am blauen Horizont. Direkt neben den Türen falle ich in ein weiches Bett und gleich danach beim Sterne zählen in einen ruhigen Schlaf.

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Der Kaffee dampft warm vor sich hin, auf unserer kleinen und privaten Terrasse werde ich langsam wach. Karolina bringt selbstgemachten Pflaumenkompott und verschwindet dann wieder zwischen den Oldtimern, an denen Max schraubt. Im Hellen ist die Farm noch schöner: Hühner laufen mit den Hunden um die Wette, da vorne steht ein alter, fast antiker Grill, dahinten errichtet sich der Hilfsarbeiter der Farm sein Wohnzimmer im Freien. Und die Tomaten im Garten? Warten auf ihre Ernte.

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Surfen lernen mit Pedro

Pedros braun gebranntes Gesicht ist unter einer dicken, weißen Schicht Sonnencreme verschwunden. Er wirft mir einen Apfel zu, ein Sandwich, eine Flasche Wasser. Beim Lagos Surf Center buchten wir einen Kurs, nun sind wir am Strand und die Wellen freuen sich bereits. Die nächsten Tage lerne ich die Küsten und das kalte Wasser näher kennen, doch es geht nicht ausschließlich ums Wellenreiten. Ein weiterer Surf-Lehrer, ein Mann um die 45 Jahre vielleicht, klein und freundlich erklärt mir: Fünf Minuten je Tag soll ich mir Zeit nehmen, durchatmen und dankbar sein für das, was ich habe.

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Und damit starte ich ein paar Stunden später. Der Sand klebt am Körper, ich bin kaputt, müde und sehr, sehr zufrieden, mein Blick schweift über das Meer und die rauen Felsen. Die Sonne macht müde: Es ist warm, aber nicht heiß und zurück auf der Farm legt sich in der Outdoor-Dusche ein frischer Wind vorwarnend aber sanft auf meine Haut. Das warme Wasser, angefeuert von dem Holzofen direkt nebenan, spült die Reste von Sand und Sonne einfach weg. Die letzten Sonnenstrahlen tanzen auf dem Boden direkt neben den Hühnern, diese gackern Boa noite. Auf dem Weg zur Hütte lächelnd nur ein Gedanke: Die Kühle der Nacht legt sich über die Quinta do Cataldo, schnell in die warmen Federn.

Möwen zählen in Sagres

Wir sagen Auf Wiedersehen und begrüßen erneut die Straßen, sie führen uns zuerst nach Sagres. Ein kurzer Stop, ein kleiner Snack. Wir kommen offensichtlich genau richtig: Unzählige Möwen und Katzen ziehen am Hafen ihre Kreise. Erst jetzt bemerken wir die Boote – die Fischer kommen mit ihrer Beute von der morgendlichen Route zurück und sowohl Möwen als auch Katzen wittern ihre Chance auf eine leckere Frühstücks-Sardine. Am besten fährt man direkt am Hafen mit dem Fahrstuhl hoch in die Altstadt, von dort hat man den besten Blick auf das Spektakel und die fast schon futuristisch anmutende Promenade.

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Irgendwo bei Odeceixe. Die kleinen Punkte im Wasser sind Surfer. Sie warten auf die nächste Welle.

Die Angler am Kap

Einige Stunden schon sind wir unterwegs, halten an Stränden für eine Eis-Pause, fahren Kurven, spüren den Fahrtwind. Ja, das Auto hat eine Klimaanlage und ja, dennoch ist das Fenster geöffnet, denn: Fahrtwind ist einer der schöneren Winde. Am südwestlichsten Punkt Europas parken wir den Wagen entlang einer Reihe weiterer Wägen, es ist voll hier.

Kap

Am Cabo de Sao Vicente fliegen die Möwen ihre Runden, die Angler klettern die Felsen hoch und runter, werfen ihre Ruten aus, sowohl Möwen als auch Angler stets in der Hoffnung auf Frischfisch. Die Felsen ragen hier majestätisch aus dem Wasser, die Gischt färbt sie dunkelgrau und nachdem der Blick aufs Meer mir nichts Neues mehr gibt – zumindest für den Moment, zumindest hier – steige ich wieder in den Wagen, die Reise geht weiter.

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In Odemira hatten wir die fast die gesamte Stadt für uns – kein Mensch weit und breit.

Mit der Sonne versinken in Monchique

Irgendwann während der Reise fahren wir in das Hinterland Portugals. Nicht weit, nur ein Stück, hoch in die Berge von Monchique. Die Straßen hier sind leer und freundlich, die Wälder grün und dicht. Wir halten an, wo wir es schön finden und genießen die Ruhe, sobald wir das Auto verlassen und der Motor ruht. Nur die Vögel hört man hier oben, ansonsten begegnen uns nicht mehr als ein paar Häuser. Irgendwann legt sich die Sonne immer tiefer in den Horizont. Bevor sie untergeht, funkelt auf der Foía in Monchique der Himmel rot und orange, bevor er langsam, mit einem Hauch Dramatik, dunkelblau die Nacht einläutet.

Wie geht es weiter?

Unzählige Kreuzungen und steile Abfahrten, viele Kugeln Eis, surfen im Atlantik, Fisch essen am Hafen, Sand zwischen den Zehen und eigentlich überall, schlafen im Tipi in den Bergen und in einer Hütte auf einer Bio-Farm – jetzt zieht es uns in die Städte: Lissabon, Porto und am Ende landen wir in Stockholm. Wie es dazu kam? Und wie es sich anfühlt, die beste Straße der Welt zu fahren? Bald mehr dazu im zweiten Akt.

monchique

Der Road-Trip wurde von Avis unterstützt. Danke!

CategoriesAllgemein
Stella Pfeifer

Studiert und arbeitet in Kassel, doch am liebsten fährt sie durch fremde Landschaften oder mit der Belgrader Straßenbahn. Und schreibt darüber. Immer mit dabei: Ein Notizbuch und ein kleiner Beutel voller Fotofilme, denn ihre Reisen fotografiert sie ausschließlich analog. Was sie noch mag? Gespräche. Mehr dazu auf: fünfpluszwei.de.

  1. Alex says:

    Hallo Stella,

    ein gelungener Beitrag zu Portugal.

    Vor allem die Algarve ist im Süden ist super schön zu bereisen und mit dem Mietwagen zu erkunden. Eine Endlos lange Straßen führen die Küste entlang, einfach wunderbar.

    Grüße aus Laos

    Alex

  2. Hey Stella :)
    Meine Erfahrungen mit dem portugiesischen Straßenverkehr beschränken sich bisher leider auf abenteuerliche Nerven-am-Ende-Fahrten in Lissabon und einen mehr als flauen Magen in den kurvenreichen Bergen von Sintra :D
    Roadtrip klingt aber dennoch super – schöner Artikel und richtig tolle Fotos *dream away*
    Liebe Grüße aus Paris,
    Caro

  3. Julia says:

    Hi Stella,

    Hach, Portugal….Vielen Dank für den tollen Artikel. Da bekommt man gleich Lust direkt Flug und Mietwagen zu buchen. :-)

    Noch stehen meine Urlaubspläne für diesen Sommer leidier nicht, aber ein Roadtrip durch Portugal inklusive Surfkurs ist definitiv in der engeren Auswahl!

    LG, Julia

  4. Melanie says:

    Hey Leute,

    wir planen auch gerade unseren Sommerurlaub und können uns nicht zwischen Italien und Portugal entscheiden.

    Beides hat seine Reize, wobei ich eher nach Portugal möchte. Der Beitrag war echt interessant und untermauert zusätzlich meinen Reisewunsch, den ich zuhause noch durchsetzen möchte. :)

    Liebe Grüße
    Melanie

  5. Pingback:Road Trip Portugal - auf zur wilden Küste!

  6. Caro says:

    Wunderschöne Bilder! Portugal ist traumhaft und so abwechslungsreich. Wir sind im letzten Spätsommer die Küste von Norden nach Süden mit dem Camper runter gefahren und möchten unbedingt noch einmal hin!

  7. Sandra says:

    Einfach beeindruckend ! Diese unglaublich schöne Landschaft ! (Der Rest des Kommentars wurde aus Spamgründen vom Admin entfernt.)

  8. Pingback:Steckbrief Portugal, Europa | Erkunde die Welt

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