Im Park

Morgens um acht Spaziergang am Raj Ghat in Neu-Delhi. Der Dunst des Yamunas liegt noch in der Luft und man genießt das seltene Erlebnis von Ruhe in Indiens Hauptstadt. Ein paar Radfahrer auf der Durchfahrt zur Arbeit, ein Meditierender und ein Mann auf dem Weg zum nahegelegenen Hanuman-Tempel kreuzen unseren Weg. Letzterer bietet uns Tee und Kekse an; freundlich versuchen wir zu verneinen.
Doch unbedingt, wir sollen einen Tee mit ihm trinken. Nein, nein – Doch, doch – Na gut. Der Tee wird in kleine Pappbecher geschenkt, Kekse werden uns gereicht und der Herr erhebt seinen Becher zum Anstoßen und begrüßt uns mit einem herzlichen „Welcome to India“, um dann wieder seiner Wege zu schreiten.

Taj Mahal

Zeitangaben

Zu Gast auf einer 3-tägigen Hochzeit und noch Sightseeing zwischendurch, das kann schlauchen. Schließlich war dann nur noch eine Stunde Zeit, um sich für die kommende Party am Abend vorzubereiten, nachdem wir seit morgens um 7Uhr mit Zug&Auto sieben Stunden Reise zurückgelegt hatten, erstmal angekommen sofort alle Familienmitglieder kennengelernt hatten und dann noch einen Sightseeing-Spaziergang durch das Örtchen bei 35°Celsius Mittagshitze unternommen hatten.
Eine Stunde ausruhen, immerhin. Nach 1,5 Std. (ich hatte mir in weiser Voraussicht die mediterane-eine-stunde Zeit genommen) versammelten wir drei deutschen Gäste uns in der Hotel Lobby und starrten gespannt auf die Zimmertüren der einheimischen Gäste. Keine Regung, und erschreckend wenig Stimmen waren zu vernehmen. Doch dann, endlich, unser indischer Freund trat heraus – nicht jedoch umgezogen und irgendwie verschlafen. Leicht irritiert über unsere gestriegelte Anwesenheit in der Lobby bemerkte er: „Oh, I forgot, you don’t know about our time meanings. You take it literally. Welcome to India.“

Taj Mahal

Gepäckaufbewahrung

Für die Gepäckaufbewahrung in der Old-Delhi-Railwaystation braucht man ein Schloss um seinen Koffer zu verschließen. Darauf besteht das Personal, und zwar hartnäckig. Auch wenn ich, naiv vertrauenswürdig versuchte darauf zu beharren, dass ich so ein Schloss aber gar nicht möchte und vorallem auch gar nicht habe. Gar nicht habe? Kein Problem, das kann ich irgendwo auf einem der 18 Bahnsteige kaufen, wo sich täglich rund 200.000 Passagiere drängeln. Na dann, schon etwas Indien erfahren begab ich mich aber nicht völlig hilflos auf diese ich-suche-einen-Schloßverkäufer-Odyssee, sondern fragte wieder auf dem Gleis angekommen den nächst besten Bahnhofswärter.  (In der Regel ist man in Indien besser beraten die Hilfe der Einheimischen in Anspruch zu nehmen, anstatt es stur allein versuchen zu wollen). Nachgefragt – Gefunden.
Mein Objekt der Begierde kostete 20INR, leider hatte ich nur einen 100Rupien Schein (man ist in Indien auch besser beraten, alles immer passend zu haben). Natürlich hatte der Schloss-Verkäufer kein Wechselgeld: „No change, madam“. Für solche Fälle gibt es eine Lösung: man bietet ihm an das Wechselgeld selbst zu besorgen. Et voilà, auf einmal öffnete der Verkäufer seine Wechselgeldschublade und gab mir genau auf meine 100 Rupien raus. Madam entgegnete ein begeistertes: „Oh you have change, thats great!“ und erntete ein verschmitztes Lächeln.

Taj Mahal

Flughafen

Wenn man in Indien früher abfliegende Freunde/Lebensgefährten etc. verabschieden möchte, sollte man darauf gefasst sein, dass ein gemeinsames Schlendern durch die Halle nicht gestattet ist. Wer kein Ticket hat kommt auch nicht in die Flughafenhalle!
Wer ein Ticket hat mit einem späteren Abflugdatum, kann versuchen in die Flughafenhalle hineinzukommen, in der Hoffnung die indische Sicherheitskontrolle hat keine Lust sich durch das lateinische Buchstaben Wirrwarr durchzuarbeiten, um das tatsächliche Abflugdatum herauszufinden. In der Regel möchte man, nachdem die zu verabschiedende Person hinter der Passkontrolle verschwunden ist, diese Halle auch wieder verlassen; man fliegt ja schließlich selbst noch nicht ab. Nun erweist sich aber das Rauskommen schwieriger als das Reinkommen. Von insgesamt fünf Eingängen am Terminal 3 des Indira Gandhi International Airports in Delhi darf man lediglich nur einen als Ausgang benutzen, die Nummer 3. Und man darf nur raus, wenn man eine Permission seiner Fluglinie hat.
Nun gut, man ist ja unerlaubt reingekommen, jetzt braucht man halt eine Erlaubnis um wieder rauszukommen. Die Permission seiner Fluglinie zu bekommen gleicht einem indischen „Behördengang“ und erfordert Geduld, Durchhaltevermögen und eine gute Erklärung warum man überhaupt im Gebäude ist, wenn man ja garnicht abfliegen würde. Am Ticketschalter von Kingfisher wurde ich freundlichst auf die Kingfisher-Check-in Schalter gegenüber verwiesen, dort an der Reihe solle ich mich doch bitte zu den Kingfisher-Schaltern auf der anderen Seite begeben, um dann zu erfahren, dass dafür Kingfisher-International zuständig ist. Wo ich wiederum eine gefühlte halbe Stunde warten musste, um überhaupt mein Permission-Anliegen vorzutragen. Schließlich begleitete mich ein grimmiger Kingfisher-International-Mitarbeiter zum Ausgang Nummer 3, füllte eine Reihe von diese-Passagierin-ist-keine-Terroristin aussehenden Dokumenten bei der Sicherheitskontrolle aus, und entließ mich wieder ins Freie.

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Marianna

Marianna ist Hamburgerin mit griechischen Wurzeln, studierte in Berlin Literatur-, Kultur- und Rechtswissenschaften und arbeitete in Indien, Griechenland und München. Sie lebt in Berlin, ist als Autorin, Webdesignerin und Fotografin tätig und ist süchtig nach frischem Koriander.

  1. oli says:

    Das Problem mit dem Wechselgeld kenne ich. Im Palast von Bundi/Rajastan war das genau so. Nur hatte ich dort tatsächlich kein Wechselgeld und es gab in der Nähe des Palasteingangs nur EINEN einzigen Laden, den Souvenirladen. Dort hiess es: „Sorry, wir können die Kasse leider nur öffnen, wenn wir was verkaufen. Technische Vorgabe.“ Ein Schelm, wer dahinter Absicht vermutet. Habe das ganze auch in meinem Blog beschrieben, wenn es dich interessiert.

    1. Marianna says:

      Hallo Oli,

      ihr habt ja auch ne super interessante Reise (und auch Indienreise) gemacht. Wow! Die Wechselgeldstories aus Indien sind schon ziemlich komisch. Ich hab in der Zeit die abgefahrensten Erlebnisse gemacht, unglaublich. Wechselgeld ist da noch harmlos, aber das ging euch bestimmt auch so.

  2. Mareike says:

    Heeey das kommt mir bekannt vor… da war ich dabei :)
    Lange nichts voneinander gehört, liebe Marianna!! Du bist zurück in Berlin??
    Ich zwar nicht, aber mail doch mal, wenn du Zeit hast!?
    Dein Blog ist beeindruckend…!
    Liebe Grüsse
    Mareike

  3. Cristina says:

    Mariana, dein Artikel über Indien hat mir sehr gut gefallen, er hat mir zum Lachen gebracht! Die Zahl der schockierenden Erfahrungen, die man als westlicher Tourist in Indien machen kann, ist endlos. Ich möchte noch welche hinzufügen: dass die Bitte um nicht-scharfes Essen nie dazu führt, dass man nicht-scharfes Essen bekommt, dass indische Fluggesellschaften überpünktlich sind, dass man sich an den Flughäfen besser an den Gedanken gewöhnen sollte, dass man bei der Sicherheitskontrolle einen großen Teil des Inhalts seines Handgepäcks auspacken muss, dass man immer eine Lücke findet, egal wie voll die U-Bahn aussieht. Und dass extreme Armut und Kriminalität in Indien nicht Hand in Hand gehen (ich habe mich selten irgendwo auf der Welt sicherer gefühlt als in einem Slum in Mumbai).

    Ich danke dir für deinen wunderbaren Artikel, der mich in dieses unglaubliche und raue Land versetzt hat, das einen nicht gleichgültig lassen kann.

    Cristina

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